Neuseeland Südinsel– 1400 km auf dem Te Araroa Trail (08.12.24 – 08.03.2025)

06.12.2024: Nur noch 2 Tage

Was wir in den letzten neun Tagen für ein Gefühlschaos hinter uns haben, kann man kaum glauben und in Worte fassen.
Ich hatte den „Nur noch 10 Tage“ Text verfasst, als wir erfahren haben, dass es Jonas Ma schlechter geht.
Seit Juni kämpft sie gegen den Krebs und er gegen sie. Natürlich wird sie ihn besiegen, doch zwischendurch teilt er auch ordentlich aus.
Wir hatten gerade erst von dem Behandlungsverlauf während der Zeit unserer Reise und unserer Abwesenheit erfahren, so dass wir ein gutes Gefühl hatten trotz der Umstände zu fliegen.
Die Nachricht trifft uns wie ein Schlag. Die folgenden drei Abende habe ich immer wieder mit Jona geredet, dass wir unter diesen Umständen nicht fliegen sollten. Telefonate mit Freunden helfen ihm schließlich auch zu der Entscheidung: Wir canceln Neuseeland.
Ich habe mich fürs Erste mit einer alternativen Reise angefreundet. Ich brauche Hoffnung, ein Ziel, Zuversicht.
Erneut Türkei, Lykischer Weg, diesmal rückwärts die noch fehlenden 75 km und Weihnachten mit meinem lieben Freund, dem Rentner Gernot, in Kalkan verbringen, was von der Zeit und Route super passen sollte.
Jona würde irgendwann nach kommen, sowie es möglich ist.
In der Türkei hat ein neuer Langstrecken- Wanderweg eröffnet, den könnten wir im Anschluss machen.
Die nächsten Tage versuchen wir uns damit abzufinden. Wir reden jeden Tag und schmieden Pläne für wenigstens 6 der 14 Wochen Auszeit. Und… Es fließen Tränen meinerseits, mehrfach. Wir sind traurig und die Nerven liegen blank.
Knapp eine Woche vor Start soll unser langersehnter Trip, unser Traum, auf den wir seit einem Jahr hinfiebern, sparen, uns vorbereiten und freuen, platzen.
Sonntag ging es erstmal für meine Ma und mich für vier Tage in den Harz und das tat gut. Ich komme auf andere Gedanken, auch wenn wir täglich darüber sprechen. Ich frage sie um Rat, doch das ist schwierig und fällt auch ihr sehr schwer.
Gestern kam ich dann bei Jona und in Schleswig-Holstein an. Jona versorgt mich mit Infos und bringt mich auf den neusten Stand.
Und seine Ma… möchte, dass wir fliegen. Der Arzt gibt grünes Licht, wüsste nicht, was dagegen spricht und empfiehlt FaceTime und Videotelefonie.
Sie lächelt uns an und sagt: „Genießt es. Schickt mir ganz viele Fotos. Lasst uns telefonieren und ich werde genau verfolgen, wo ihr seit.
Erneut kullern mir die Tränen. Erleichterung, Glück, Dankbarkeit, aber auch Scham und Demut.
So einfach ist es nicht. Es fühlt sich nicht richtig an. Jona und ich stellen fest, dass wir mit der Reise längst abgeschlossen haben und uns nicht richtig darauf freuen können, wenn wir in uns spüren.
Dennoch, Jona tritt wieder in die Gruppen bei Facebook ein und in die WhatsApp Gruppe in der über 100 Menschen sind, die irgendwann jetzt und demnächst mit uns starten würden in dieselbe Richtung.
Langsam kommt das Feuer wieder, die Freude, die Hoffnung.
Donnerstag Abend, 72 Stunden vor Abflug, wissen wir noch immer nicht, was wir tun sollen.
Jona möchte noch einmal drüber schlafen und er hat sich entschieden: Wir werden fliegen!
Etwas Angst und Zweifel bleiben und wahrscheinlich müssen wir wirklich erst im Flieger sitzen, um es wirklich zu begreifen.
Ganz aufgeregte und erwartungsvolle Grüße aus Hamburg Jona und Janice

 

28.11.2024: Oh mein Gott! Nur noch 10 Tage…

Vor ca. einem Jahr haben wir das Kurzsabbatical beantragt und nun ist es bald soweit. Die Ausrüstung ist gewählt, die Rucksäcke sind gepackt und letzte Vorbereitungen und Aufgaben der to do Liste arbeiten wir ab. Die Vorfreude ist groß, jedoch werden wir es wohl erst so richtig realisieren, wenn wir dann mit gepackten Rucksäcken am Hamburger Flughafen stehen, in unserer Wanderkleidung, die wir, ohne Scheiß, die nächsten drei Monate nicht mehr wechseln werden (bis auf die Unterhosen) ;-). Je fünf Kilo wiegen unsere Rucksäcke, ohne Wasser und Essen. „Ultraleicht“ halt. Wenn ich bedenke, dass ich zu meinen ersten Wander- und Hüttentouren mit acht bis zehn Kilo aufgebrochen bin, dann ist das eine enorme Entwicklung und Erleichterung. Es war ein längerer Weg und Lernprozess. Anfangs habe ich Jonathan belächelt. Fand es überzogen und natürlich zu teuer. Das sehe ich mittlerweile ganz anders. Ich werde später noch genauer unsere Ausrüstung und Marken vorstellen.

Wir sind Jonathan und Janice. Vor zwei Jahren haben wir uns bewusst nach 30 Jahren in Hamburg und Schleswig Holstein für ein Leben näher an und in der Natur entschieden. Glück, Schicksal und Bestimmung haben uns nach Thüringen in den 300 Seelendorf Zimmern geführt. Wir leben nun nicht nur direkt am Nationalpark Hainich, sondern arbeiten dort auch als Ranger. Wir haben hier endlich die Ruhe gefunden, nach der wir uns schon lange gesehnt haben. Weniger Stadt – mehr Grün, weniger Lärm – mehr Vogelgezwitscher, weniger Menschen – mehr Wildtiere, weniger Drama – mehr Lebensqualität und weniger Stress und mehr im „Hier und Jetzt“!

Zusammen kommen wir auf weit mehr als 100.000 km per Rad, Kanu, zu Fuß und auf Kletterwegen und bringen (hoffentlich) genug Erfahrungen mit, wie: Dauerregen, Kälte, Hitze, Mücken, Hochgebirge, Hochmoor, Matsch, Extremmärsche, Soloreisen, Gruppenreisen und über Hunderte geführte Gruppentouren. Besonders Jona schläft seit er ein kleiner Junge ist viel draußen.

Da wir beide berufstätig sind und es sich in der Vergangenheit bisher nicht ergeben hat, freuen wir uns nun wie wahnsinnig auf unsere erste Langstreckenwanderung, die über die üblichen zwei Wochen mit max. 500 km hinaus geht. Wir haben Visum, Auslands- Krankenversicherung, Permits, usw. im Gepäck und sind voller Vorfreude, dass es endlich losgeht.

Wir werden in Christchurch auf der Südinsel landen und dort übernachten. Da wir keine Lust haben am nächsten Tag direkt wieder so lang im Bus zu sitzen, werden wir die elf Stunden in zwei Steps über Dunedin nach Invercargill bewältigen. Außerdem sollten wir uns eh wegen dem Jetlag etwas Zeit lassen. Ich kann mir zwar noch nicht vorstellen, dass mir dieser Probleme machen sollte, doch war mein weitester Flug bisher „nur“ Ostafrika. Jona hat da deutlich mehr Erfahrung. Er war bereits ein ganzes Jahr in Neuseeland und ein weiteres in Australien. 30 Stunden wird die Hinreise dauern. Von Invercargill aus geht es dann per Anhalter nach Bluff, ganz im Süden der Insel. Somit laufen wir „abgekürzt“ NOBO, also Northbound von Süd nach Nord. Ob ich mich an diese „Hiker- Sprache“ noch gewöhnen werden, in der Jonathan schon ganz selbstverständlich redet, wird sich zeigen 😉

Das soll’s fürs erste gewesen sein. Habt ihr Fragen? Gerne her damit.

Vorfreudige Grüße Jonathan und Janice